exempla nova 145
In dem 1985 komponierten Werk „Quasi Hoquetus“ für die seltene Besetzung Viola, Fagott und Klavier greift Sofia Gubaidulina auf die alte Hoquetus-Technik zurück, interpretiert diese in einem radikalen Sinne neu und verwendet sie als konstitutives Kompositionsprinzip.
Von mittelalterlichen Theoretikern wie Franco von Köln ausgehend, der den Hoquetus als „Zerschneiden der Stimme“ (Truncatio vocis) beschrieb, lässt Gubaidulina in diesem Werk keines der Instrumente thematisch-motivische Zusammenhänge herstellen. Tonfolgen, die sich anfangs zuweilen wie melodische Linien gerieren, erweisen sich sehr bald als unstete chromatische Aufgänge, in sich kreisende Klangsequenzen oder, wie in der langen Violapartie im Mittelteil der Komposition, als Verbindungselemente zwischen auf wechselnden Tonhöhen angelegten Umspielungsabschnitten. Diese „Anti-Struktur“ wird verstärkt durch harmonische und klangliche Instabilität, wenn das im Grunde genommen in C stehende Werk durch Terzambivalenzen, Flageolett-Töne und Klangpedal etwas östlich Schwebendes erhält, wenn Mixturklänge, Glissandi und Cluster streckenweise für tonale Unbestimmtheit: sorgen und die Komposition schließlich - kaum differenziert hörbar - mit einer c-Moll-Terz in der Kontra-Oktave des Klaviers endet.
Im Schaffen Sofia Gubaidulinas gab es bisher kein Werk mit einem vergleichbaren Ansatz. „Quasi Hoquetus“ ist jedoch keine Absage an motivisch-strukturelles. Komponieren, sondern zeugt vielmehr ein weiteres Mal von dem undogmatischen Umgang der Komponistin mit musikalischem Material.
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