Leben und Arbeit als klassischer Komponist heute

Ein Interview mit Zdeněk Král

von Dr. Tomáš Ibrmajer (22.11.2022)

Dr. Zdeněk Král ist eine der markantesten Figuren der modernen tschechischen Musik. Deshalb freuen wir uns sehr, ihn bei Stretta Music willkommen zu heißen und vorzustellen. Král ist mit seinen mittlerweile über 1000 Kompositionen nicht nur ein produktiver Komponist, sondern auch ein exzellenter Klavierimprovisator und Schauspieler.

Králs musikalische Bandbreite ist vielfältig: Er schreibt klassische Musik (Kammer-, Chor- und Orchestermusik), Bühnenmusik für Theater und Rundfunk, Theaterlieder und Chansons, Jazz- und Jazzrock-Kompositionen, Film- und Werbemusik, Liederbücher mit Volksliedbearbeitungen, Märchen für Kinder und Theaterstücke.

Zu seinen Auszeichnungen gehören unter anderem der Classic Prague Award für die beste klassische Komposition des Jahres 2019 (Magnificat) und der Jurypreis Der kleine Maulwurf zusammen mit Martin Krajíček für das Projekt KK Band. Von der tschechischen Rechteverwertungsgesellschaft OSA wurde er als meistgespielter Autor klassischer Musik 2018 und 2019 ausgezeichnet, ebenso für seine meistgespielte Komposition Wo ist unsere Heimat?.

Dieses Interview mit Zdeněk Král führte Stretta-Redakteur Dr. Tomáš Ibrmajer im Original auf Tschechisch und übertrug es ins Deutsche.


Tomáš Ibrmajer: Was inspiriert dich zum Schreiben, Zdeněk?

Zdeněk Král: Alles inspiriert mich, könnte man sagen. Von romantischen Dingen wie Regen oder Wolken bis hin zu Kirchenglocken, dem Wasserkocher und dem Zuschlagen einer Autotür – das ist ein schönes Geräusch, denn jede Autotür schlägt anders zu.

Mein Motto ist: Ich schreibe keine Musik, ich schaffe Emotionen. Im Allgemeinen geht es bei meiner Arbeit also darum, Emotionen und Gefühle zu vermitteln, sei es Freude, Trauer, Vertrauen, Vorfreude, Empathie oder Frustration und die verschiedenen Phasen dazwischen.

TI: Wie bist du zum Komponieren gekommen?

ZK: Meine erste Komposition war ein Trauermarsch (in a-Moll), und ich habe ihn geschrieben, als ich mit zehn Jahren Zahnschmerzen hatte, also sind meine kompositorischen Anfänge mit Schmerz und Leid verbunden ... (lacht)

Das zweite Stück war für Geige und Klavier und habe ich für meine Großmutter geschrieben. Wir haben es gemeinsam gespielt. Danach hat es sich irgendwie von selbst ergeben ...
Ich hatte einmal lebhaft geträumt, dass ich an die Janáček-Akademie für Musik und Darstellende Kunst Brünn gehen sollte, um Komposition zu studieren. Ich hörte auf diesen Traum, bestand das Aufnahmeverfahren und wurde angenommen.

TI: Hast du Vorbilder beim Komponieren?

ZK: Später kam natürlich sehr viel mehr dazu. Ich habe alle Kompositionen von Frédéric Chopin und Wolfgang Amadeus Mozart gehört und kenne sie in- und auswendig. Ich liebe auch Leoš Janáček, Vítězslava Kaprálová, Witold Lutosławski, Olivier Messiaen ... Ich wurde auch sehr von Leonard Bernstein inspiriert.

Und da ich in vielen musikalischen Genres komponiere, habe ich mich auch von Komponisten und Interpreten der Jazzmusik inspirieren lassen, wie Chick Corea, Keith Jarrett, Miles Davis, Brad Mehldau, Snarky Puppy, Cory Henry. Auch inspirieren mich Filmkomponisten wie John Williams, Hans Zimmer oder Popstars wie Sting, Kate Bush und viele, viele andere, die ich höre oder von denen ich zufällig erfahre.

Von der zeitgenössischen klassischen Musik mag ich David Lang, Marcus Paus und den meistgespielten klassischen Komponisten aller Zeiten, Arvo Pärt. Alle guten Kompositionen, egal welchen Genres, sind meine Vorbilder.


Vorbilder von Zdeněk Král:


TI: Wie würdest du deinen kompositorischen Stil beschreiben?

ZK: Als eklektisch. Mein Ziel war (und ist) eine geschickte Kombination von klassischer Musik mit – sagen wir der Einfachheit halber – populärer Musik. Ich hatte das Glück, in Bands zu spielen, die Jazz, Rock und Jazzrock spielten, aber auch im Theater- und Filmmilieu tätig zu sein. Deshalb verbinden sich diese Elemente bei mir immer wieder.

TI: Welcher zeitgenössische Komponist außerhalb der Tschechischen Republik ist für dich interessant und warum?

ZK: Ich habe letztes Jahr auch einige Zeit in Dänemark verbracht. Komponieren in Skandinavien ist eine völlig andere Welt als in Mitteleuropa. Der finnische Komponist Leif Segerstam hat zum Beispiel 291 Symphonien geschrieben!

Interessant ist für mich ist auch Marcus Paus, der in den 1990er Jahren im Guinness-Buch der Rekorde als schnellster Gitarrist der Welt geführt wurde, er komponiert sehr interessante zeitgenössische Musik und ist einer der meistgespielten Komponisten Norwegens. Er schreibt auch Musik für Filme.

TI: Wie häufig komponierst du?

ZK: Da ich auch live auftrete und beruflich in Theatern arbeite, bin ich oft unterwegs, sodass es praktisch nicht möglich ist, jeden Tag zu schreiben. Es sind eher ‚Wellen des Komponierens‘. Aber ich bereite ein Stück oft sehr lange vor – nur in meinem Kopf – vor allem bei größeren Kompositionen skizziere ich die Form, die Partitur, die Farben usw. in Gedanken.

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TI: Komponierst du nur Auftragsarbeiten oder auch ‚für die Schublade‘?

ZK: Ja, ich schreibe auch Stücke, die nicht direkt in Auftrag gegeben wurden. Und zwar sehr viele. Ich schreibe und weiß noch nicht, ob es für jemanden sein wird, ich nehme es einfach auf. Irgendwann fängt es an, sich in etwas Konkretes zu verwandeln (manchmal auch nicht) und am Ende biete ich es den Künstlern an.

Aber ich schreibe auch Songs für mich selbst – die liegen sozusagen ‚in der Schublade‘. Die veröffentliche und vertreibe ich über Online-Musikhändler – seit neuestem auch über Stretta Music (Zdeněk Král – Noten)! Darüber hinaus können solche Lieder z. B. auf meinem Spotify-Profil Zdeněk Král gefunden werden.

TI: Komponierst du mithilfe eines Instruments oder sozusagen „aus dem Kopf“?

Normalerweise schreibe ich direkt auf meinem Tablet, das ich überall benutzen kann. Ich überprüfe einige Sachen auf dem Klavier, und wenn ich Stücke für ein Theater schreibe, wo vielleicht jemand Ukulele spielen kann, schreibe und spiele ich sie auf der Ukulele.

TI: Gehst du auf Interpreten zu, damit sie deine Werke spielen, und bist du damit erfolgreich?

ZK: Das ist relativ. Wenn ich das Komponieren als Hobby betrachte, gibt es eine Menge Angebote von Interpreten. Aber im professionellen Umfeld, wenn ein Werk auch mehrmals aufgeführt werden soll, stoße ich auf Hindernisse. Ausübende Künstler haben oft gewisse Einschränkungen, wenn sie bei einer Agentur oder einem Label unter Vertrag sind. Sie sagen ihnen oft, was sie spielen sollen, und sie haben nicht einmal die Kapazität oder die Möglichkeit, die Werke ihrer Zeitgenossen auszuwählen und zu interpretieren.

Andererseits muss ich sagen, dass ich furchtbar langsam bin, wenn ich etwas für andere schreibe. Die Hindernisse sind also sowohl objektiv als auch subjektiv, und ich bin für einen großen Teil davon selbst verantwortlich! Dennoch: Wenn ihr ein Werk von mir wollt, dann schreibe ich es natürlich!

Zum Glück habe ich einen Interpreten, der mein Lied sofort annimmt und es ohne Murren spielt: ich selbst! (lacht)

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TI: Was sind deine Träume als Komponist? Gibt es etwas, das du in diesem Bereich noch erreichen möchtest?

ZK: Mehr Selbstvertrauen bei der Durchführung von Arbeiten zu haben. Besseres Feedback. Ich würde gerne mehr Instrumente lernen, damit ich besser für sie schreiben kann. Ich möchte mit Orchestern, Chören und Ensembles an meinen Kompositionen arbeiten. Ich arbeite sehr gerne mit Leuten zusammen, die mir vertrauen und meine Musik mögen. In meinem Leben geht es manchmal mehr darum, Vertrauen aufzubauen, als zu komponieren.

TI: Was befindet sich in deiner ‚kreativen Werkzeugkiste‘? Wie gehst du beim Komponieren vor?

ZK: Um Zeit (und Geld) zu sparen, verwende ich bei Begleitmusik für Theater, Radio oder Film auch Samples anstelle von Live-Musikern. Wenn ich Liedtexte für eine Kindervorstellung bekomme, lege ich den Text auf das Klavier, schalte die Aufnahme auf meinem Handy ein und improvisiere sofort zu den Texten und singe. Manchmal funktioniert das und es bildet die Grundlage für die Melodien, mit denen ich dann arbeite.

Ansonsten schreibe ich Lieder in zwei Durchgängen. Im ersten schreibe ich einfach, was immer sich im Moment gut anfühlt, einen Takt nach dem anderen. Ich probiere viel aus und ‚schneide‘ das Stück nach und nach zusammen. In der zweiten Phase, wenn ich ein paar Tage Pause vom Werk gemacht habe, versuche ich, alles so anzupassen und zu verbessern, dass die Musik fest auf beiden Beinen stehen kann.

TI: Ist das Komponieren deine Haupttätigkeit?

ZK: Ja, aber Live-Auftritte gehören auch dazu, weil ich bei 90 % meiner eigenen Kompositionen mitspiele.

Ich arbeite auch sehr gerne mit Menschen zusammen und versuche z. B., an allen Theaterproben teilzunehmen. Normalerweise habe ich fünf bis zehn Songs in einer Show, die ich mit den Schauspielern einstudiere. Das macht mir sehr viel Spaß und ist erfrischend. Dazu kommt die restliche Begleitmusik, die schon aufgenommen wurde. Da bin ich quasi Interpret – als Musiker aus dem Studio.

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TI: Was hast du auf dem Gebiet der Komposition erreicht?

ZK: Ich schätze alle Aufführungen meiner Kompositionen. Ich schätze mein Publikum, das sehr positiv auf meine Kompositionen reagiert. Ich habe zwar schon viele Preise gewonnen, aber natürlich überschätze ich sie nicht. Ich verstehe sie so, dass es mehr um die Verantwortung geht, die Zuhörer beim nächsten Mal nicht zu enttäuschen und ihnen etwas zu geben, das sie erhebt, sie erfreut, ihnen Hoffnung und Bedeutung gibt, wie es die Musik oder die Kultur meiner Überzeugung nach tun sollte.

TI: Gibt es etwas, das dich am Beruf des Komponisten stört?

ZK: Ich bin furchtbar ungeduldig in der Phase zwischen der abgeschlossenen Komposition und der tatsächlichen Aufführung. Ich mache mir immer Sorgen, ob das, was ich geschrieben habe, gut klingt. Insbesondere bei größeren Werken kann diese Wartezeit manchmal mehrere Jahre dauern, selbst wenn es feste Vereinbarungen mit Künstlern, dem Theater oder anderen Institutionen gibt. Wenigstens habe ich in diesen Phasen Zeit für den Abwasch und den Hausputz. (lacht)

TI: Was möchtest du unseren Lesern zum Schluss mitgeben?

ZK: Abschließend möchte ich alle, die bis hierher gelesen haben, ermutigen, klassische Musik zu hören! Wenn Sie möchten, können Sie mich in den sozialen Medien (FB, YT, IG) finden und meine Website besuchen: www.zdenekkral.net

TI: Ich bedanke mich sehr herzlich für das Gespräch!

Wenn Sie die Musik von Zdeněk Král kennenlernen möchten, stehen Ihnen auf Stretta Music die ersten 50 Kompositionen zum Download zur Verfügung. Weitere werden folgen.

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